Im Netzwerk Die Sportpsychologen haben wir eine Rubrik, die es dir als Sportler ermöglicht, sportpsychologische Fragen zu stellen, die wir dann anonym beantworten, so dass jedem die Antwort zugänglich ist und du dir deine Anregungen mitnehmen kannst.
Diesmal eine Frage zum Thema: Angst im Sport
Gefragt hat ein Amateurfußballer: “Ich war schon seit der frühen Jugend vor Spielen sehr nervös und hatte Angst Fehler zu machen. Das Gefühl kam aber immer erst kurz vor Spielbeginn und war kurz nach dem Anpfiff wieder vorbei. Mit der Zeit kam das Gefühl jedoch immer früher und hörte es spät nach Anpfiff wieder auf und mittlerweile ist es so, dass ich bereits eine Woche vor dem Spiel Angst davor habe. Außerdem beeinflusst es massiv meine Leistungen, weil es nicht mehr einfach nach Anpfiff aufhört.
Die Frage: Das oben beschriebene Angstgefühl wird von Woche zu Woche schlimmer. Am liebsten würde ich gar nicht mehr spielen wollen, obwohl es ja nur Amateurbereich ist und ich aus Spaß zum Spiel kicke. Was kann ich tun um nicht diese Angst (oder Druck) zu spüren, wieder Spaß an den Spielen zu haben und meine Leistung wieder zu steigern?”
Antwort von: Maria Senz (zum Profil)
Lieber Sportler,
herzlichen Dank für dein Vertrauen und das Teilen deiner aktuellen Situation.
Fußball – was ein bewegungsintensiver Sport in einem Team, wo ein gegenseitiges Unterstützen, Aushelfen, Anspornen und Motivieren u.a. für Spaß und Leistung sorgen. Da kann ich gut nachvollziehen, dass Nervosität und Aufregung ebenso parat stehen.
Du schilderst ein Angstgefühl, welches von Woche zu Woche schlimmer wird. Mal angenommen, dieses Gefühl ist ein wichtiger Anteil von dir, der eine positive Absicht in sich trägt. Der sich vielleicht Sorgen um dich macht, dich schützen will oder dich auf etwas aufmerksam machen möchte. Was könnte es in deinem Fall sein?
So wie ich deine Schilderung wahrnehme, wirkst du auch genervt und wütend auf diese Angst und versuchst, sie wegzukicken. Vermutlich genauso, wie den Fußball. Vielleicht projizierst du diese Angst auch in den Fußball und verlierst den eigentlichen Fokus auf den Schuss. Das ist für mich eine verständliche Reaktion, die dich vermutlich hindert und blockiert.
Zieh aus der Wut eher deinen Mut: Anstelle der Ablehnung gegenüber der Angst, schlage ich dir vor, diesen Anteil wertzuschätzen und zu akzeptieren. Dadurch öffnest du einen Raum, der dich frei atmen lässt, deine Gedanken aktiviert und dich in kreative Kooperation mit der Angst versetzt. Akzeptanz und Kooperation im Sinne von: Danke, liebe Angst, dass du mich all die Zeit zuverlässig begleitet hast. Ab heute läuft es anders: […]
Erkläre der Angst, dass du künftig die Führung übernehmen möchtest und du dankbar für jegliche Unterstützung seitens der Angst bist. Teile der Angst deine konkrete Botschaft und dein Vorgehen mit. Falls mit dieser Botschaft eine bestimmte Körperhaltung einhergeht, nimm diese Haltung ein. Wiederhole diese Botschaft laut und verbinde sie direkt mit deiner Körperhaltung (mind. 3x, ggf. vorm Spiegel).
Zum Beispiel: „Hallo liebe Angst, schön, dass es dich gibt und ich mich auf dich verlassen kann. Ich schätze dich sehr. Gleichzeitig möchte ich, dass es heute anders läuft. Schau gerne zu und vielleicht kannst du auch noch was lernen. Heute werde ich die Führung übernehmen und selbstbewusst, stabil und sicher meine Aktionen im Spiel umsetzen. Ich kann das! Außerdem sind da auch noch meine Teamkollegen. Die springen für mich ein, wenn es mal nicht so läuft.“
Und jetzt üben, üben, üben, genau wie Technik und Taktik im Fußballtraining. Du bist nun zum ersten Mal mit deinem Gefühl in persönlichen Kontakt getreten. Erlaube euch Zeit und Ehrenrunden zum Kennenlernen und Ausbauen eurer Kooperation. Es ist, wie so vieles in unserem Leben, ein Prozess, der Wiederholungen, Anpassungen und Akzeptanz braucht. Sei geduldig mit dir (gemäß deiner Beschreibung war es ja auch ein Prozess, das Anbahnen und lauter werden des Angstgefühls).
Üben heißt, nutze alle möglichen Situationen in deinem Leben, wo sich die Angst anbahnt. Am besten von alltäglich zu speziell. So bleibst du im Flow. Und wenn du wieder auf dem Fußballplatz stehst und die Angst meldet sich zu Wort, dann spüre die Sicherheit in deiner Sportkleidung, den vertrauten Geruch in der Kabine, die Los-Gehts-Stimmung des Anpfiffs und deines Teams, um überzeugt in die Kooperation zu gehen, so dass du die Führung beibehältst. Viel Spaß dabei…
Weitere Handlungsempfehlungen zu diesem Thema liest du im vollständigen Artikel bei Die Sportpsychologen: