Viele Teamsportler und Trainer kennen das: Du stehst mitten in der Saison. Spiele und Trainings sind in vollem Gange, doch irgendwie bleiben Erfolge, Gewinne, Siege und damit die Punktebeute aus. Du rechnest rauf, runter, links, rechts, diagonal und stellst fest: Egal, wie ich die Tabelle drehe, wende und schüttle, diese Saison endet mit einem Abstieg. Folgende Herausforderung macht sich breit: Wie kommuniziere ich diesen Status quo in der Mannschaft, sodass genug Motivation für die restliche Saison übrig bleibt und wir uns mit erhobenem Haupt verabschieden werden?
Thema: Die Kommunikation eines Abstiegs inmitten der Saison
Hier ist ein Textbeitrag aus einer der wohl mächtigsten Disziplinen des Sports: KOMMUNIKATION. Um dies möglichst erlebbar zu gestalten, habe ich fragmentiert die Kommunikationsprozesse der vergangenen Wochen zusammengefasst. Im Wissen, dass ihr etwas damit und für euch anfangen könnt.
Vielleicht aber noch zum Hintergrund: Ich begleite seit über einem Jahr ein Team, welches leistungsorientiert im bundesweiten Wettbewerb aktiv ist. Ein Team, welches in der laufenden Saison sportlich der Musik in der Liga hinterherläuft. Dabei ist großes Potential vorhanden, es gibt viele sehr gute junge Spieler, einige sehr gute erfahrene Akteure, ein hervorragendes Team um das Team und einen super ambitionierten und reflektierten Trainer. Mit Letzterem hatte ich als Mentalcoach zuletzt wiederholt zu tun. Weil er die schwierige Situation für sich, sein Team und seinen Verein bestmöglich lösen will. 
WER & WAS?
Der Trainer tritt mit einem klaren Szenario an mich heran: Er muss mit seiner Mannschaft ein Gespräch führen. Naja, eigentlich sogar mehrere Gespräche. Ein sachliches Gespräch mit und vor der gesamten Mannschaft. Anschließend Perspektivgespräche mit jedem Athleten einzeln. Als Trainer möchte er diese Gespräche führen, mit vorheriger Vorbereitung. So viel zur konkreten Auftragsklärung.
Der Trainer stellt sich nun die Frage, wie er das Mannschaftsgespräch vorbereiten könne? Was möchte er als Trainer sagen? „Wir haben diese Saison verkackt. Tut mir leid, Jungs. Wir steigen ab.“ Ja, das ist seine aktuelle Stimmung. Miesepetrig, enttäuscht, nutzlos. Gleichzeitig führt das dazu, so befürchtet er, dass er in den folgenden Trainings einer Mannschaft gegenübertritt, deren Motivation einem Kühlschrank gleicht: kalt, starr und resigniert. Also eher kontraproduktiv.
Folgende  Anregung habe ich dem Trainer mit auf den Weg seines Abwägens gegeben: Welcher Mannschaft möchtest du im Training gegenübertreten? Einer Mannschaft, die motiviert genug ist, um gemeinsam und mit erhobenem Haupt die Saison zu Ende zu spielen und die Halle, die Fans, die Familien, die Freunde, die Liga gebührend zu verabschieden.
WIE & WO?
Beim Trainer hat dieser Input etwas ausgelöst, er fragt sich Folgendes: “Wie schaffe ich das? Welche Worte, Atmosphäre, Unterstützung brauche ich, damit ich genau das mit meiner Rede bewirke? Eigentlich beginnt es schon mit dem Wort ´Abstieg ́. Das schreit ja schon nach Untergang, Verderb, Ruin. Ja, es ist ein Gehen. Ein Gehen in eine andere Liga. In eine Liga, die vom Leistungsniveau darunter liegt. Was könnte ich also stattdessen sagen?”
Meine Anregung: 
Wie wäre es mit einer Metapher? Metaphern regen die Kreativität an und bieten somit andere Sichtweisen. Weg vom frustrierten, genervten, enttäuschten Zustand hin zu einer Sicht, die Zuversicht und Optimismus eröffnet. Im konkreten Fall: die Metapher Computerspiel. Heißt, ihr seid aktuell in einem Level, wo eure Stabilität und Stärke noch unvollständig sind, um dieses Level zu bestehen. Deshalb wiederholt ihr das vorherige Level, um dort die notwendige Ausrüstung, Erfahrung, Technik, Taktik und Co einzusammeln, um im hiesigen Level erfolgreich weiterzugehen. Repeat to succeed heißt die neue Strategie.
Reaktion des Trainers: “Klingt irgendwie…spielerisch!”
WANN?
Ein paar Tage später hat sich der Trainer weiter gesammelt und hat einen losen Zeitplan im Kopf: “Das Gespräch führe ich unmittelbar nach dem rechnerischen Feststehen des Abstiegs. Am besten gönn ich mir eine gesamte Trainingseinheit dafür, so dass wir ausführlich sprechen können. Und zwar darüber, was uns die Saison an Ausrüstung, Erfahrung, Technik, Taktik und Co gebracht hat. Und was uns fehlt, so dass wir daran schon in der verbleibenden Saison arbeiten können.”
“Anschließend führe ich Perspektivgespräche mit jedem einzelnen Spieler: Wie geht es für dich mit deiner Sportart weiter? Woran möchtest du in der verbleibenden Saison arbeiten? Was nimmst du am Ende der Saison mit in deine Sporttasche?”
VORBEREITUNG
Eine konkrete Anregung hatte ich noch: Nämlich, ein Vorgespräch mit der Mannschaft zum Status quo zu führen. Mit folgenden Fragen: “Wo stehen wir aktuell? Was erreichen wir im schlimmsten und im besten Fall?” Zum einen kann er dadurch an die Selbstwirksamkeit des Teams appellieren. Und weiter: “Was möchtet ihr als Mannschaft am Ende dieser Saison gemeinsam erreicht haben?” Damit klärt er für sich, welche intrinsische Motivation im Team steckt? Folgende Zusatzinfos will er dann bringen: “Wir sind technisch und taktisch gut drauf. Es hapert an unserem Teamgefüge. Was kann jeder Einzelne im Team dafür tun?”
FAZIT
Letztlich ist es ein Gesprächsprozess, der vorbereitet werden möchte: beginnend mit einem Zwischengespräch zum Status quo, gefolgt von der sachlichen Information des Abstiegs und abschließend vielen Einzelgesprächen. Die Vorbereitung beginnt mit dem sachlichen Gespräch: Welche Botschaft möchte ich als Trainer hier loswerden, um damit schon Anregung für die nächste Saison zu triggern?
Was hat die Auseinandersetzung zum Thema meinem Gegenüber also gebracht, welche Erkenntnisse konnte er für sich ziehen?
“Ich bin Trainer dieser Mannschaft. Ich habe mich dazu bereit erklärt, die Mannschaft in Technik, Taktik, Athletik und Ausdauer zu begleiten – in Berg- und Talfahrten. Auch wenn das Tal noch vor uns liegt, bin ich überzeugt, dass wir auf diesem fruchtbaren Boden als Team so zusammenwachsen können, dass wir als Einheit in das nächste Level starten. Ich blicke mit Zuversicht in die Prärie und erkenne ein Flimmern am Horizont. Ein gutes Gefühl.”
Veröffentlicht im Netzwerk DIE SPORTPSYCHOLOGEN:
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